Dynamische Turnaroundzeiten und Verspätungen

Wie ihr wisst, wurden mit AirlineSim 6.2 Speed Overrides und Departure Offsets eingeführt. Vorrangig sollen diese dazu dienen, dass die Planung regulärer Flüge an slot-begrenzten Flughäfen und der Tausch von Maschinen gegen größere oder kleinere Typen erleichtert wird. Aber eine offensichtliche Schwierigkeit bleibt: Auch wenn die Flugzeiten damit unberührt bleiben können, stellen die Turnaroundzeiten durch das gegenwärtig absolute Planungsmodell ein Problem dar. Wenn sich die Turnaroundzeiten auch nur um einige Minuten verändern und somit zu Überschneidungen im Flugplan führen, dann kann dieser Plan nicht durchgeführt werden. Aber es gibt eine Lösung für dieses Problem: Dynamische Turnaroundzeiten und Verspätungen.

Das aktuelle Modell: Statische Turnaroundzeiten

Derzeit stammen die Turnaroundzeiten aus einer simplen Matrix, die für jede Kombination aus Flugzeug- und Flughafengröße einen statischen Zeitwert enthält. Dies ist eine einfache Lösung, aber sie macht absolut keinen Sinn: Man stelle sich das (etwas konstruierte) Beispiel einer Boeing 747 vor, die mit der maximalen Kapazität von 660 Passagieren konfiguriert ist. Diese würde genau die selbe Zeit für den Turnaround benötigen wie eine mit nur 10 Sitzen bestückte VIP-Version des selben Typs, weil die Größe beider Maschinen die selbe ist.

Ein ähnlicher, wenngleich wichtigerer Aspekt des statischen Modells ist, dass eigentlich ähnliche Flugzeugtypen in gänzlich unterschiedliche Größenkategorien fallen können. So kann es sein, dass sich die Turnaroundzeiten zwischen einem Typ A und einem Typ B um eine halbe Stunde unterscheiden, obwohl die maximale Anzahl an Sitzen sich um lediglich 20 Plätze unterscheidet. Dies bedeutet, dass diese Typen nicht ohne weiteres gegeneinander getauscht werden können, da dies wahrscheinlich den Flugplan durcheinanderbringen würde.

Schließlich stellt der Turnaround einen wichtigen Faktor dar, wenn es darum geht, ob eine Airline eine „Ryanair“ oder eine „Lufthansa“ sein soll. Die Menge an zu ladendem Gepäck, die Art von Kabinenreinigung und Catering die durchgeführt werden sollen, die Anzahl Türen die für das Boarding genutzt wird oder die Sitzdichte an Bord der Maschine: All das entscheidet in der Realität darüber, wie lange ein Turnaround dauert und welche Maschinenauslastung man erreichen kann, aber nichts davon wird gegenwärtig in AirlineSim abgebildet.

Das neue Modell: Dynamische Turnaroundzeiten

Unser neues Modell für Turnaroundzeiten ändert das: Jeder Turnaround stellt eine Abfolge von voneinander abhängigen Einzelaktivitäten dar. Jede dieser Aktivitäten hat eine Dauer, welche durch die Bedingungen beeinflusst wird, unter denen die betroffenen Flüge durchgeführt werden. Die Gesamtdauer des Turnarounds wird durch den sogenannten Kritischen Pfad bestimmt: Die zeitmäßig längste Abfolge hintereinander stattfindender Aktivitäten (im Bild unten orange markiert).

Anzeige der Turnaroundaltivitäten

Dies impliziert mehrere Dinge:

  1. Die Größenunterschiede zwischen Flugzeugtypen sind nun sekundär. Letztlich entscheidend ist die tatsächlich Passagier- oder Frachtkapazität einer Maschine. Ein Maschinentausch gegen ein geringfügig größeres Modell führt also nicht mehr zu den massiven Unterschieden, wie man sie heute erhalten würde.
  2. Es gewährt unzählige Möglichkeiten, die Dauer jeder einzelnen Turnaroundaktivität zu beeinflussen. Zum Beispiel könnte man sich entscheiden, statt einem Fingergate eine Außenposition zu nutzen, so dass für das Aussteigen und Boarding zwei Türen statt nur einer genutzt werden können. Man könnte festlegen, dass man auf seinen Flügen niemals Fracht akzeptiert, so dass dieser Schritt beim Turnaround komplett wegfällt. Analog könnte man seinen Passagieren weniger Freigepäck zugestehen, so dass weniger Taschen in den und aus dem Frachtraum gehievt werden müssen, was diese Aktivität wiederum verkürzt.
  3. Es ermöglicht, dass die Spielwelten dynamischer werden: Wenn Flughäfen wachsen oder ihre Auslastung steigt, dann dauern bestimmte Aktivitäten unter Umständen länger als dies bisher der Fall war. Kurze Taxizeiten erforderlich? Dann sollte man sich besser nicht an einem großen internationalen Flughafen niederlassen!

Warum Verspätungen?

Also was haben Verspätungen mit all dem zu tun? Wie bereits erwähnt, ist eines der primären Entwicklungsziele der dynamischen Turnaroundzeiten, eine flexiblere Flugplanung zu ermöglichen. Aber auch wenn die Turnaroundzeiten nun deutlich plausibler sind, so kann es selbstverständlich weiterhin zu Überschneidungen im Flugplan kommen. Statt einen solchen Flugplan einfach als „nicht durchführbar“ zu markieren, werden die Flüge nun trotzdem wie geplant ins ORS gebucht.

Sobald die Flüge durchgeführt werden, wird die tatsächliche Turnaroundzeit berechnet, die zwischen dem zu startenden und dem vorhergehenden Flug benötigt wird. Dabei werden die tatsächlichen Bedingungen zum Zeitpunkt der Durchführung berücksichtigt. Wenn der Flug nur zu 70% ausgelastet ist, dann wird das Boarding mit hoher Wahrscheinlichkeit schneller abgeschlossen sein, als geplant. Wenn der vorherige Flug zufällig einige Minuten früher eingetroffen ist, dann schafft dies einen Puffer um zufällige Verzögerungen beim Turnaround oder ein zu knapp bemessenes Zeitfenster zu kompensieren.

Selbstverständlich kann aber auch das Gegenteil eintreten: Durch zufällige Faktoren könnten Flugzeiten und Turnaroundaktivitäten länger dauern als ursprünglich geplant. Wenn man keine Puffer im Flugplan gelassen oder sogar Überschneidungen akzeptiert hat, dann wird die betroffene Maschine wahrscheinlich über den Tag hinweg eine zunehmende Verspätung ansammeln. Je nachdem wie schwerwiegend diese Verspätungen sind, können sie zu finanziellen Strafen und Auswirkungen auf das Image führen. Wurde ein maximaler Verspätungswert überschritten, so kann es auch zu Flugstreichungen kommen. Abgesehen davon, dass dies recht realistisch ist, soll dieser Mechanismus den Missbrauch des flexibleren Turnaroundsystems verhindern. Denn wenn man keinen Puffer lässt oder gar mit Absicht Überschneidungen im Flugplan erzeugt um eine maximale Auslastung zu erreichen, dann wird man mit erheblichen Verspätungen zu schaffen haben. Wenn man hingegen vorausschauend plant oder nur geringfügige Überschneidungen akzeptiert - zum Beispiel auf Grund sich veränderter externer Parameter - dann wird man wahrscheinlich keine schwerwiegenden Probleme haben. In der neu angepassten Flugplanansicht werden Überschneidungen durch entsprechende Markierungen angezeigt (siehe Bild).

Markierung von Überschneidungen in der neuen Flugplanansicht

Beachtet, dass es eines unsere Ziele ist, dass die Verspätungen nicht dazu führen sollen, dass man seine Airline ab sofort „micro-managen“ muss. Man könnte es so sehen: Als Airline-Manager hat man bestimmte Stellschrauben zur Verfügung, über die man die Wahrscheinlichkeit von Verspätungen beeinflussen kann. Aber wenn diese tatsächlich eintreffen, kümmert sich darum „Operations“. Im Falle von Flugstreichungen stellen automatische Transferflüge sicher, dass Maschinen nicht am falschen Flughafen stranden.

Unser Plan für AS 6.3

Wie ihr euch eventuell schon gedacht habt, wird AirlineSim 6.3 vor allem aus den beiden oben beschriebenen Features bestehen. Die meisten Kernfunktionen sind bereits umgesetzt und wir arbeiten gegenwärtig an der grundsätzlichen Definition der verschiedenen Turnaroundaktivitäten. Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind, werden wir mit dem internen Testprogramm beginnen, welches vermutliche mehrere Iterationen mit Anpassungen umfassen und einige Wochen dauern wird. Sobald wir glauben, dass das neue Feature bereit für die Veröffentlichung ist, werde wir eine neue Spielwelt starten, auf welcher es von vorne herein aktiviert ist.

Bitte beachtet, dass man anfangs nur begrenzt Einfluss auf die Turnaroundaktivitäten nehmen können wird. Die entsprechenden Möglichkeiten werden nach und nach ergänzt, zumeist im Rahmen der Überarbeitung anderer Features.

Wird dieses Feature bestehende Airlines ruinieren?

Falls ihr euch Sorgen bezüglich der Auswirkungen dieses Updates auf bestehende Spielwelten macht: Alle Bestandswelten werden zwar die neue Version erhalten, alle Turnarounds werden aber aus einer einzelnen Platzhalter-Aktivität bestehen, die genau den statischen Turnaroundzeiten entspricht, die heute verwendet werden. Zufällige Faktoren bleiben deaktiviert. Auf diese Weise kann man Verspätungen nur manuell erzeugen, indem man Überschneidungen im Flugplan einplant, man wird aber niemals mit automatischen Änderungen konfrontiert, zum Beispiel wenn man eine andere Bestuhlung installiert oder die Catering-Einstellungen ändert. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das Feature sich stabilisiert hat, könnten wir uns entscheiden, es auch auf alten Spielwelten einzuführen. Das ist aber etwas, worüber wir entscheiden werden, wenn die Zeit dafür gekommen ist.